• Willkommen im Geoclub - dem größten deutschsprachigen Geocaching-Forum. Registriere dich kostenlos, um alle Inhalte zu sehen und neue Beiträge zu erstellen.

zur Harvester-Frage

Wintergrün

Geocacher
quercus schrieb:
...Harvester sind die naturverträglichste Art Holz zu ernten. Kein anderes Verfahren hat so geringe Auswirkungen auf den Boden und den übrigen Bestand wie die der Harvester ...Es sieht immer ziemlich wüst aus, wen sich ein Harvester durch einen Bestand gearbeitet hat, aber das ist reine Optik. ...
Ok, kläre bitte eine Unwissende auf. Für mich ist Wald mehr als nur die Summe der Bäume. Das die nicht nur als Dekoration rumstehen und geerntet werden müssen ist klar. Neulich bin ich allerdings wieder auf eine Fläche geraten, auf der zwar drumherum noch die üblichen spargeligen Fichten oder Kiefern standen, aber sonst nix mehr vohanden war als reine Mondlandschaft. Kein Moos, kaum Reste von Wurzelgeflechten, kein Setzling, kein gar nichts - also Kraut-, Moos- und Bodenschicht mit den Bäumen verschwunden. Übrig war feinster Heidesand, prima zum wegpusten und Wasser abperlen lassen. Bilde ich mir das ein oder ist das mehr als reine Optik?

Gruß
Wintergrün
 

Zappo

Geoguru
Wintergrün schrieb:
Ok, kläre bitte eine Unwissende auf. Für mich ist Wald mehr als nur die Summe der Bäume. Das die nicht nur als Dekoration rumstehen und geerntet werden müssen ist klar. Neulich bin ich allerdings wieder auf eine Fläche geraten, auf der zwar drumherum noch die üblichen spargeligen Fichten oder Kiefern standen, aber sonst nix mehr vohanden war als reine Mondlandschaft. Kein Moos, kaum Reste von Wurzelgeflechten, kein Setzling, kein gar nichts - also Kraut-, Moos- und Bodenschicht mit den Bäumen verschwunden. Übrig war feinster Heidesand, prima zum wegpusten und Wasser abperlen lassen. Bilde ich mir das ein oder ist das mehr als reine Optik?
Hmmm, ich bin gerade mal nicht Quercus, weiß aber zum Beispiel, daß nach dem Lothar-Orkan die ganzen kaputten Waldflächen schon nach einem Jahr eine Biodiversität aufwiesen, die locker 10fach größer war als der ursprüngliche Zustand.
Ich fahre regelmäßig an so einem ehemaligen Waldstück vorbei - am Anfang wars zum Weinen, jetzt ists nur noch schön. Leben spielt sich nicht im Wald ab, sondern auf Lichtungen, auf kleinteiligen Freiflächen, am Waldrand, an Böschungen. Der Rest ist (relatives) Schweigen*.

In meinem Jagdhaus** mitten im Wald hörst Du keinen Piep - ab und zu kommt der Fuchs vorbei, alle Ewigkeit eine Amsel oder eine Meise, manchmal sitzt die Eule sitzt auf dem Balkon und guckt nach Mäusen - fertig. Hier mitten im Dorf kann ich vor Vogellärm ab 6 Uhr nicht mehr schlafen. Drecksviecher :D

Ob bei Deinem Beispiel allerdings die Krume soweit geschädigt oder verschwunden ist, daß großflächige Erosion droht, kann ich allerdings nicht von hier beantworten. Kann ich mir aber nicht vorstellen. Und vieles, was hier immer so verschrieen ist - ob zerpflückte Baumstumpen oder umgewühlte Laubflächen - sind im Endeffekt eher GUT für den Wald. Das Wildschwein macht im Übrigen das gleiche - und leistet gerade deshalb einen wertvollen Beitrag.
Hinter den Kulissen der ökologischen Zusammenhänge sieht halt doch einiges anders aus als dem dekorativ geprägten Besucherauge entspricht. Das ist trotzdem keine Entschuldigung, sich wie die Sau zu benehmen - das hat aber eher mit Stil und Selbstverständnis zu tun als mit definitiver Schädigung.

Gruß Zappo

* "Der Wald steht schwarz und schweiget..." Matthias Claudius - wenn ich mich nicht irre.
** auch Nichtjäger und Geocacher dürfen Jagdhütten besitzen :D
 

Emili Erdbeer

Geocacher
Ich bin kein Experte in dieser Sache, aber ein pfälzer Förster hat sich vor kurzem unglaublich darüber beschwert, welchen Schaden diese Harvester IM BODEN anrichten.
Seine Aussagen zufolge würden in mehreren Metern Tiefe die Lebewesen massiv betroffen, weil ihre ökologische Nische zerstört werden würde.
 

argus1972

Geowizard
Nach meinen Beobachtungen siedeln sich nach sehr kurzer Zeit wieder Pionierpflanzen in diesen Mondlandschaften an. In meiner Gegend sind das vielfach Ginster und anderes Getrüpp, das dann eine gewisse Zeit lustig vor sich hin wuchert, gerne von Tieren als Schlafplatz genutzt wird, weil es fast undurchdringlich ist, doch wenn man genau schaut, bilden sich zumindest hier dazwischen viele Triebe junger Buchen, die dann vermutlich nach Jahren diesen Strauchbewuchs einfach überdecken und damit, wenn man die Fläche einfach in Ruhe ließe, eine Art Naturwald ergeben, in dem wachsen kann, was wachsen will und die Bedingungen dafür vorfindet.

Ich vermute, die Mondlandschaften sind für die Natur als solches daher gar kein Problem. Man könnte sie vielleicht mit Flächen gleichsetzen, die abgebrannt sind, aber dann binnen recht kurzer Zeit wieder Bewuchs zeigen.

Vielleicht sollte man sich einfach freuen, wenn eine solche Einebnung für etwas schöne Aussicht sorgt, den auch die ist, vielfach zu meinem persönlichen Bedauern, durch vehemente Zellteilung der neu angesiedelten Pflanzen von sehr begrenzter Haltbarkeit.

Mein Fazit: Dem Wald und der Botanik sind solche Flächen egal, denn die bekommt die Muttergöttin problemlos wieder in den natürlichen Griff! :^^:
 

treemaster

Geoguru
@ Emili:
das ganze ist ein sehr zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite kann ich selbst aus berufsbedingter Sicht den Förster verstehen, jedoch muß man überlegen, dass diese Aktionen einmal in :???: wievielen Jahren stattfindet.... auf der anderen Seite hört er sich für mich doch sehr nach unserer neuen Landesregierung an. Wenn für wenige Tage im Jahr bei uns Harvester oder Forwarder im Wald unterwegs sind ist der Bodendruck mMn wesentlich über die Zeit / Fläche verteilt geringer als wenn ein Ökorücker mit seinem Kaltblut ein vierteljahrlang einen Stamm nach dem anderen aus dem Wald zieht.... Kombination Pferd (Bodendruck Huf /cm^2 PLUS hinterhergezogene Stämme) im Gegensatz zu den Maschinen auf breitflächigen Reifen / Raupen.

Siehe auch dazu: Bodenschutz = Aufstandsfläche

Auch ich überlege seit 14 Jahren, wie ich unsere Maschinen möglichst bodenschonend umrüsten kann. Nur habe ich auch noch nicht die eierlegende Wollmilchsau gefunden, die sowohl Vortrieb in Kombination mit Haltbarkeit der Reifen gegenüber möglichst geringer Bodenverdichtung kombiniert.
 
Zu dieser Frage möchte ich das Buch Wald ohne Hüter von Peter Wohlleben als Bettlektüre empfehlen.

Wenn ein Buche erst nach 200 Jahren "schlachtreif" ist, wie passt das mit den jährlichen Planungen der Städte überein?

Da wo ein Kiefernwald steht, soll die Humusschicht schon zurück gehen. Die offene Fläche nach dem Ernten ist das geringerer Problem.

Eine Aussage in diesem Buch gab mir zu denken. "Aus jedem gesetzten Sprössling entsteht ein kranker Baum."
 
OP
W

Wintergrün

Geocacher
Jep, dass die Natur Freiflächen recht fix wiederbesiedelt steht außer Frage. Sieht man ja an jedem LP, egal wieviel Altöl oder Beton da im oder auf dem Boden ist, Grünes kommt bestimmt irgendwann durch. Und nicht zu Letzt sind die Lüneburger & Rostocker Heide erst durch den massiven Holzeinschlag im Mittelalter entstanden und heute Schutzgebiet.

Was mich umtreibt, ist die Aussage, Harvester seien die umweltverträglichste Art Holz zu ernten und würden nur optischen Schaden anrichten. Wenn in dem Erntegebiet das Ökosystem Wald durch die Baumentnahme nicht nur verändert sondern komplett abtransportiert wird, ist es meines Erachtens doch mehr als Optik.
 
OP
W

Wintergrün

Geocacher
Zappo schrieb:
Lothar-Orkan die ganzen kaputten Waldflächen schon nach einem Jahr eine Biodiversität aufwiesen, die locker 10fach größer war als der ursprüngliche Zustand.
Lothar hatte wahrscheinlich Farne, Kräuter, Moos, rumliegende Saat und die Mikroben- und Pilzparty im Boden relativ unberührt gelassen. Das sprießt natürlich los, wenn endlich Luft und Licht ist. Und das ist eine völlig andere Ausgangssituation als diese Staubkorridore in einer Nadelmonokultur.
 

Zappo

Geoguru
Wintergrün schrieb:
Zappo schrieb:
Lothar-Orkan die ganzen kaputten Waldflächen schon nach einem Jahr eine Biodiversität aufwiesen, die locker 10fach größer war als der ursprüngliche Zustand.
Lothar hatte wahrscheinlich Farne, Kräuter, Moos, rumliegende Saat und die Mikroben- und Pilzparty im Boden relativ unberührt gelassen. Das sprießt natürlich los, wenn endlich Luft und Licht ist. Und das ist eine völlig andere Ausgangssituation als diese Staubkorridore in einer Nadelmonokultur.
Wie gesagt, die tatsächliche Schädigung je nach Ausgangssituation kann ich nicht beurteilen - ich kann mir vorstellen, daß Harvester (da gibts ja auch solche und solche) nicht für alle Böden geeignet sind - einfach wegen der Schwere.
Ums nochmal deutlich zu sagen - ich bin kein Fachmann. Ich weiß nur, wie es ohne Harvester geht, weil ich das auch großflächig schon gemacht bzw. eher dabei geholfen habe. Und das (auf die herkömmliche Art und Weise) sah nachher so schlimm aus, bis die Stämme aus dem Wald, auf der Rückegasse, auf dem Weg waren - das war auch nicht schön. Nach 5 Jahren ist aber alles wieder gut.

Man darf eben nicht "nix machen" mit Harvester vergleichen - Holzernte heißt IMMER große Maschinen - oder eben Rücken mit Pferd. Das geht auch, nur in dem Tempo und Umfang nicht.
Jedem einmal in der Woche ein Ei und einmal im Monat Fleisch geht auch - ist sicher besser und umweltfreundlicher.

Der BEDARF ist eben aber anders - das hab ich weder erfunden, noch heiße ich es gut. Die Tatsache, daß wir nur noch die Drehzahl erhöhen und trotzdem keinen Meter weiter kommen, weil wir keinen Gang drin haben ist wohl offensichtlich.
Nur wie ändern? Klappt ja nichtmal beim Cachen.

Gruß Zappo
 
OP
W

Wintergrün

Geocacher
Zappo, das habe ich verstanden und ich habe auch nichts dagegen, dass Bäume in Möbel und Zahnstocher umgewandelt oder in den Ofen geworfen werden.
Das der Boden an den Stellen, wo schweres Gerät oder das Pferd als Holzrücker durchgeht umgekrempelt wird, finde ich auch nicht schlimm. Das entspricht halt einfach nicht der Landschaftsparkideallandschaft, wächst sich aber zurecht.

Meine Frage bezieht sich auf die Verarmung des Bodens durch radikalen Rausriss jeglicher Flora, über- und unterirdisch. An solchen Stellen liegt so gut wie nichts Biomasse rum, die mal Humus werden könnte, geschweige den Tieren Unterschlupf oder Nahrung bietet. Wenn die graue Sandfarbe und die Spargelbäume nicht wären, könnte man es für Strand halten - an dem deutlich mehr los ist, auch wenn man es nicht sieht. Optisch kahler Strand ist ein Ökosystem und optisch kahler Wald nicht.
 

Zappo

Geoguru
Wintergrün schrieb:
Meine Frage bezieht sich auf die Verarmung des Bodens durch radikalen Rausriss jeglicher Flora, über- und unterirdisch. An solchen Stellen liegt so gut wie nichts Biomasse rum, die mal Humus werden könnte...Wenn die graue Sandfarbe und die Spargelbäume nicht wären.......... und optisch kahler Wald nicht.
Glaub mir - wird wieder - ob kurz oder lang - bei total fehlendem Bewuchs (hat dann aber weniger was mit der Holzernte zu tun?) eher lang.
Das einzige Problem ist die Erosion - wenn der Humus sofort wieder weggewaschen würde. Ist aber eher in Steillagen der Fall. Humus sammelt sich immer und überall - sonst hätte der Dachwurz auf den blanken Ziegeln auch nix zu lachen. Und eigentlich kommt alles aus der Luft - selbst wenn überhaupt nix da ist. Blätter verwehen, Samen verwehen, Vögel transportieren kilometerweit.
Am Wochenende stand ich neben einer Schilffläche mitten auf dem Gipfel einer Bergkuppe-meilenweit kein anderes Schilf - logisch, da oben! Wo kommt das her? Gesprengter, übererdeter Bunker, Wasserstau - Sameneintrag über Kilometer. Exotisches Biotop fertig.

zappo
 
OP
W

Wintergrün

Geocacher
"Wenn Du denkst, es wächst nichts mehr, kommt von irgendwo ein Saatgut her."
Gut, begriffen. Ich schwör. Und was hat das mit einer maschinell und durch Monokulturen verursachten Bodenverarmung zu tun?
 

Zappo

Geoguru
Wintergrün schrieb:
"Wenn Du denkst, es wächst nichts mehr, kommt von irgendwo ein Saatgut her."
Gut, begriffen. Ich schwör. Und was hat das mit einer maschinell und durch Monokulturen verursachten Bodenverarmung zu tun?
Nix. Ich schwör.
Aber ich hab auch den Eindruck, wir reden aneinander vorbei.
Was hat Monokultur und Bodenverarmung mit Harvestern zu tun? :???:


zappo
 
Oben