medwed
Geocacher
Sonntag, 30.06.2013 – 17 Stunden im Bus
Fünf Uhr morgens, ich stehe vollgepackt am Bermer ZOB und warte auf den Eurolines-Bus nach Oslo. Dieses Jahr soll es wieder einmal richtig in den Norden gehen; ich habe für meinen Sommerurlaub eine zweiwöchige Trekkingtour durch den schwedischen Padjelanta-Nationalpark geplant. Dabei will ich nicht dem populären Wanderweg durch den Park folgen, sondern von norwegischer Seite durch den kleinen benachbarten Rago-Nationalpark den Padjelanta über die „grüne Grenze“ erreichen. Eine anspruchsvolle Tour, die auf schwedischer Seite durch weglose Wildnis führt. Der schmale Pfad durch den Rago verliert sich kurz hinter der Grenze. So bin ich damals zum Geocachen gekommen: Mein erstes GPS hatte ich mir just für solche Wildnistouren gekauft – und als es dann so zu Hause rumlag, hat sich die Frage gestellt, für was sich das gute Stück denn sonst noch so eignet.
Kurz vor Mitternacht erreiche ich Oslo. Während der Busfahrt durch das schwedische Bohuslän konnte ich mich ein meine Wanderung auf dem Bohusleden vor drei Jahren erinnern. Die schwedische Westküste mt ihren Schären ist nicht nur wunderschön, sondern auch ein erstklassiges Cacherevier. Diesmal reicht es allerdings nur für einige Blicke aus dem Busfenster. In Oslo checke ich in einem Hostel mit 24-Stunden-Rezeption ein.
Montag, 01.07.2013 – Einkäufe in Oslo und ein lange Bahnfahrt
Oslo – Ein paar Caches hatte ich mir ja zu Hause aufs Gerät gespielt, letztlich komme ich aber hier gar nicht zur Dosensuche. Bevor es mit dem Zug weiter nach Norden geht, muss ich noch ein paar Einkäufe erledigen: Nudeln, Reis und Milchpulver für die Trekkingtour. Ich wundere mich jedes Jahr wieder, dass man die praktischen Schnellkochnudeln und den ebenso praktischen gefriergetrockneten Schnellkochreis in Deutschland nirgendwo kaufen kann. Gerade der Reis ist von Uncle Ben’s – da sollte man doch meinen, dass die Produkte international die gleichen sind: Aber keine Chance, in Deutschland gibt’s den Reis einfach nicht.
Ich besuche noch das Fram-Museum und bewundere das Schiff, mit dem Fritjof Nansen sich durchs Polareis treiben ließ und Roald Amundsen in die Antarktis gefahren ist. Für das benachbarte Kon-Tiki-Museum bleibt keine Zeit mehr und, um denCache am Museum zu heben, ist es deutlich zu muggelig hier. Ich muss wieder zum Bahnhof: Mit dem Nachmittagszug geht es nach Trondheim, dann gleich mit dem Schlafwagen weiter nach Bodø am Polarkreis.
Dienstag, 02.07.2013 – Sauwetter in Bodø I; ein schlechtes Omen?
Sauwetter in Bodø. Noch habe ich Hoffnung, die norwegische Presse vermeldet, dass der Juni in Nordnorwegen der wärmste und sonnigste seit Jahren war. Heute ist davon aber nichts zu spüren; es schifft und schifft und schifft. Noch ahne ich nicht, dass der Juli das genaue Gegenteil des Vormonats werden wird: Doppelt so viel Regen wie in einem durchschnittlichen Juli wird der Wetterdienst später zu berichten haben – aber damit greife ich vor. Erst einmal finde ich einen PC mit Internetzugang bei der Touri-Info und dort sagt die Vorhersage, dass die nächsten zwei Tage sonnig werden sollen, ab Freitag ist dann Dauerregen angekündigt. Ich rede mir ein, dass Langzeit-Wettervorhersagen immer unzuverlässig sind und freue mich erst einmal auf zwei schöne Tage auf der Insel Værøy. Trotz des Regens suche ich meinen ersten Cache der Reise: GC2Z5C2 – einen Micro im Park.
Værøy
Værøy gehört zur Inselgruppe Lofoten, liegt aber etwas abseits südlich der größeren Inseln und damit abseits der Haupt-Touri-Routen. Die Insel bietet eine imposante Felskulisse, ist aber weniger steil als die Lofoten-Hauptinseln. Es gibt zwei schöne Strecken für Tageswanderungen und beide sind hinreichend bedost, um das Einwandern vor der großen Tour mit schwerem Gepäck mit dem Geocachen zu verbinden. Hier habe ich mir für zwei Nächte ein Zimmer in einer gemütlichen Pension reserviert. Nach etwa dreistündiger Fährüberfahrt habe ich Glück: Am Anleger auf Værøy finde ich einen Wanderer, mit dem ich mir ein Taxi zur Nordseite der Insel teilen kann; ÖPNV gibt es hier anders als auf den größeren Lofoteninseln nicht.
Mittwoch, 03.07.2013 – Måstad: Beinahe ein Lost-Place
Der Wetterbericht hat Recht behalten, heute herrscht strahlender Sonnenschein. Ich mache mich auf zu einer ersten Wandertour nach Måstad. In der Nähe der großen Seevogelkolonien auf Værøy lebten die Menschen in dem abgelegenen Ort nicht nur von der Fischerei, sondern auch von der Jagd auf Seevögel, vor allem Papageitaucher. Hier war die Heimat einer endemischen Hunderasse, des Lundehundes, der speziell für die Vogeljagd gezüchtet worden war. Der Ort Måstad verfügt über keine Straßenanbindung. Mit dem Aufkommen größerer Fischerboote wurde es unmöglich, Måstad anzulaufen, so dass die Fischrei unrentabel wurde. Hinzu kam das Verbot der Jagd auf Seevögel.
Der Ort wurde 1974 endgültig aufgegeben. Die meisten Häuser wurden demontiert, die wenigen verbleibenden Gebäude dienen heute als Ferienhäuser.
Weg nach Nordlandshagen
Ich folge zunächst der Straße zum ehemaligen Flughafen Værøy, der nach einem schweren Flugunglück auf Grund der unberechenbaren Windverhältnisse auf Værøy geschlossen wurde. Eine bessere Stelle für einen Flughafen gab es auf der Insel nicht: Heute verfügt Værøy über die einzige Hubschrauber-Linienverbindung Norwegens. Das ehemalige Flughafengebäude nutzt eine lokale Schokoladenmanufaktur.
Nordlandshagen
Hinter den Flughafen wird die Straße zum Schotterweg, der an einem kleinen Sandstrand endet. Hier gibt es sogar ein Clo-Häuschen – zum Baden lädt das Nordmeer trotzdem wenig ein. Die Aussicht auf die unbewohnte Insel Mosken und Moskenesøya, die südlichste der „großen“ Lofoteninseln, ist traumhaft. Zwischen Moskenes und Moskenesøya erahnt man den Moskenesstraumen, den großen Gezeitenstrom, den schon Jules Verne als gefährlichen Strudel beschrieben hat. Ich lege hier eine kleine Pause ein und finde meinen ersten Cache auf Værøy, GC27Z9R.
Der Pfad nach Måstad
Während dieser Cache T 1,5 war, geht es jetzt in anspruchsvolleres Terrain. Die nächste Dose liegt kurz vor Måstad und ist als T 4 ausgewiesen. Das erscheint mir zwar etwas übertreiben, aber ganz ohne ist der Pfad wahrlich nicht. Es geht rutschige Steilhänge entlang und über Blockfelder. Ich komme deutlich langsamer voran, als ich gedacht hatte. Dann stoße ich kurz vor Måstad plötzlich auf Reste eines angelegten Weges. Hier hatte man versucht, einen pferdetauglichen Weg anzulegen, das Projekt dann aber nie weitergeführt.
Måstad in Sicht
Schließlich erreiche ich die Cachekoordinaten und finde nach kurzer Suche auch die Dose, GCVEWD. Obwohl es später als geplant ist, gehe ich weiter in den Ort. Ich brauche dringend Trinkwasser und weiß, dass es hier noch einen funktionierenden Brunnen gibt. Der Ausblick ist wunderschön, trotzdem mache ich mir etwas Sorgen, dass noch gut drei Stunden Rückweg vor mir liegen. Zum Glück ist es ja hier oben auch nachts noch hell.
Blick von Måstad
Doch dann habe ich Glück. Am Horizont sehe ich, wie sich ein Boot nähert. Tatsächlich kommen aus einem der Häuser Leute, die hier etwas repariert haben. Ich frage, ob ich mitfahren darf und trampe das erste Mal in meinem Leben auf einem Boot. Zwar muss ich die 5 km vom Hafen zur Pension trotzdem noch laufen, aber 5 km Straße sind mir jetzt deutlich lieber als der anspruchsvolle Pfad. Værøy ist toll, das hat mir die Tour gezeigt. Ich hatte ursprünglich geplant, morgen nach Røst weiterzufahren und der südlichsten Lofoteninsel noch einen Besuch abzustatten. Aber jetzt beschließe ich, lieber Værøy noch weiter zu erkunden und buche eine zusätzliche Nacht in der Pension.
Donnerstag, 04.07.2013 – Værøy von oben, zwei Dosen und ein Earthcache
Neben der Tour nach Måstad gibt es auf Værøy eigentlich nur eine sinnvolle Option für eine Tagestour: Rauf auf die Berge und die Insel von oben bewundern. Von Norden sind die Berge allerdings ziemlich steil und unwegsam; zwar kennt die Landkarte einen Pfad von Nordlandshagen aufs Hornet, der Owner des Caches auf diesem Berg empfiehlt aber ausdrücklich den Zugang von Süden. Ich hatte gestern glücklicherweise die Möglichkeit, mir den Pfad von unten anzusehen und teile die Einschätzung: steil und gefährlich.
Sørland
Also heißt es, zunächst nach Sørland zu kommen, so heißt der Hauptort von Værøy mit dem Hafen. Ich habe wenig Lust, wieder die 5 km Straße zu laufen und versuche zu trampen. Das erste Auto hält und bringt mich direkt zum Beginn des Wanderweges – danke an den supernetten Autofahrer. Auf Værøy gibt es eine NATO-Radarstation, und dorthin führt ein asphaltierter Weg den Berg hinauf. Der geht allerdings durch einen langen dunklen Tunnel und ist durch zahlreiche Serpentinen ungleich länger als der Wanderpfad zum Hornet, der norwegisch steil ohne viel Aufhebens den Berg auf direktem Wege in Angriff nimmt. Ein paar Mal kreuze ich den Asphaltweg, dann stehe ich auf dem Hornet und blicke hinunter auf Nordlandshagen und den Pfad nach Måstad.
Værøy Hornet
Bevor es weitergeht, heißt es hier noch, GCKZJZ zu heben. Die Dose ist rasch gefunden und ich mache mich auf den Weg zur Radarstation. Während der Pfad durch steiles Gelänge führt, liegt unter mir der Asphaltweg, den ich im Auge behalte, um eine Stelle zu finden, an der ich auf dem Rückweg das Foto für einen Earthcache machen muss.
Radarstation Værøy
Von der Radarstation steige ich querfeldein zur Kamheia ab, einem Hochplateau, von dem man eine wunderbare Aussicht auf Måstad hat. Hier mache ich Pause und genieße den Ausblick. Den Cache GCVD4D muss ich eine ganze Weile suchen, finde ihn aber schließlich doch. Witzig: Gestern habe ich am „Badestrand“ in Nordlandshagen eine Info-Landkarte gesehen, auf der die älteren Geocaches auf Værøy eingezeichnet waren; ohne jede Erklärung, Geocaching scheint hier so bekannt zu sein, dass man davon ausgeht, dass TouristInnen verstehen, was das sein soll. Der Nordlandshagen-Cache, Måstad, Værøy Hornet, Kamheia und der Earthcache sind eingezeichnet.
Blick auf Måstad
Ich mache mich auf den Weg in Richtung „NATO-Veien“, um das Foto für den Earthcache zu schießen. Um meine Knie zu schonen, beschließe ich, bergab dem Asphaltweg zu folgen und wechsele erst kurz vor dem Tunnel wieder auf den steilen Stieg. Das Foto für GC1QD7J ist schnell gemacht – ich bemerke erst später beim loggen, dass der Earthcache ein Jubiläum ist. Auf Værøy habe ich die 1000 vollgemacht; OC-onlys und Terracaches selbstverständlich mitgerechnet.
Værøy – la belle: Mein Jubiläumscache
Ich laufe die Straße entlang nach Sørland uns stelle fest, dass sich der Weg in den Ort ganz schön zieht. Innerlich danke ich noch einmal dem Aurofahrer, der mich am Morgen direkt zum Beginn des Wanderpfades gebracht hat. In Sørland finde ich einen offenen Laden, tätige noch einige Einkäufe und versuche dann, die 5 km zu meiner Pension wieder zu trampen. Diesmal habe ich Pech: Weit und breit kein Auto in Sicht. Die ersten 2 km laufe ich, dann kommt doch ein Wagen vorbei, der mich den Rest der Strecke mitnimmt. Etwas besorgt schaue ich in die Wolken: Auch diesmal scheint der Wetterbericht Recht zu behalten, ich glaube nicht, dass das gute Wetter hält.
Freitag, 05.07.2013 - Sauwetter in Bodø II; ein schlechtes Omen?
Am nächsten Morgen regnet es wieder. Ich bin froh, dass ich heute vor allem auf der Fähre sitzen werde. Da die Fähre diesmal zunächst nach Røst fährt, bevor sie Bodø ansteuert, dauert die Überfahrt 5,5 Stunden. Immerhin ist es anders als auf der Hinfahrt nicht windig: Über Seekrankheit muss ich mir keine Gedanken machen.
Am Fähranleger
Ich nehme mir ein Taxi zum Fähranleger, dort habe ich dann noch genügend Zeit, um GC43JMQ zu suchen und zu loggen. Eigentlich mag ich keine Nanos, aber dieser ist einfach zu finden und ob des garstigen Wetters hocken die Muggles, die auf die Fähre warten, alle im Warteraum. Auf der Fähre döse ich vor mir hin; ein kurzer Blick auf das flache Røst gibt mir recht, dass es eine gute Idee war, auf Værøy zu bleiben.
Røst
In Bodø befreie ich meine Lebensmittel für die Trekkintour im Padjelanta aus einem Schließfach am Bahnhof, esse eine Pizza. Erledige ein paar Einkäufe und verziehe mich dann an den PC in der Touri-Info, um meine Finds von Værøy zu loggen und einen aktuellen Wetterbericht zu bekommen.
Vierzehn Tage Dauerregen – nein, www.yr.no ist heute nicht mein bester Freund. Wie kann sich eine Webseite auch so nennen. Normalerweise versucht man doch, etwas Positives zu vermitteln. Aber „yr“ - das Wort kann man gar nicht ins Deutsche übersetzen; „yr“ ist einfach nur ekelhaft, ein Wetter, das man wirklich nicht haben will. Wenn man mitten in einer Schönwetterwolke steht, dann ist das Nebel, wenn man mitten in einer heftigen Regenwolke steht, dann ist das „yr“: Es regnet nicht von oben, aber die kleinen Tröpfchen sind überall. Nach norwegischen Studien wird man schneller völlig nass, als bei „richtigem“ Regen. Warum sich die – übrigens in der Regel hervorragende – Seite des norwegischen Wetterdienstes nach so einem Ekelwetter benennt, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. www.yr.no wird jedenfalls mal wieder Recht behalten und ich werde mich zu Genüge am feuchten Namensgeber erfreuen können.
Um 17.15 Uhr nehme ich den Bus nach Fauske. Ich bin etwas besorgt, da ich dort einen Bus mit sehr knapper Umsteigezeit erwischen muss – der Busfahrer kann mich aber beruhigen. Es ist der gleiche Bus, der nur die Nummer wechselt. Er weiß auch sofort, wo der Abzweig zum Rago-Nationalpark ist. Zwei Stunden später stehe ich an der E6 zwischen zwei Tunneln. Ein kleines Sträßchen geht hier von der Hauptstraße ab, Lakshol und Rago steht auf dem Wegweiser. Die letzte Unsicherheit des Tages: In einem Reiseführer habe ich gefunden, dass es an der Straße nach Lakshol einen Campingplatz geben soll; in der allwissenden Müllhalde ist er aber nicht zu finden gewesen. Doch die Müllhalde erweist sich als nicht immer allwissend: Nach 2km Fußmarsch erreiche ich Øyra-Camping und kann dort mein Zelt aufbauen.
Mein Fazit für die ersten Tage der Reise: Værøy ist eine tolle Insel, auch für GeocacherInnen. Die Caches liegen an sehenswerten Plätzen und laden genau zu den Touren ein, auf denen man die Insel als BesucherIn erkunden sollte.
Fortsetzung folgt.
Fünf Uhr morgens, ich stehe vollgepackt am Bermer ZOB und warte auf den Eurolines-Bus nach Oslo. Dieses Jahr soll es wieder einmal richtig in den Norden gehen; ich habe für meinen Sommerurlaub eine zweiwöchige Trekkingtour durch den schwedischen Padjelanta-Nationalpark geplant. Dabei will ich nicht dem populären Wanderweg durch den Park folgen, sondern von norwegischer Seite durch den kleinen benachbarten Rago-Nationalpark den Padjelanta über die „grüne Grenze“ erreichen. Eine anspruchsvolle Tour, die auf schwedischer Seite durch weglose Wildnis führt. Der schmale Pfad durch den Rago verliert sich kurz hinter der Grenze. So bin ich damals zum Geocachen gekommen: Mein erstes GPS hatte ich mir just für solche Wildnistouren gekauft – und als es dann so zu Hause rumlag, hat sich die Frage gestellt, für was sich das gute Stück denn sonst noch so eignet.
Kurz vor Mitternacht erreiche ich Oslo. Während der Busfahrt durch das schwedische Bohuslän konnte ich mich ein meine Wanderung auf dem Bohusleden vor drei Jahren erinnern. Die schwedische Westküste mt ihren Schären ist nicht nur wunderschön, sondern auch ein erstklassiges Cacherevier. Diesmal reicht es allerdings nur für einige Blicke aus dem Busfenster. In Oslo checke ich in einem Hostel mit 24-Stunden-Rezeption ein.
Montag, 01.07.2013 – Einkäufe in Oslo und ein lange Bahnfahrt
Oslo – Ein paar Caches hatte ich mir ja zu Hause aufs Gerät gespielt, letztlich komme ich aber hier gar nicht zur Dosensuche. Bevor es mit dem Zug weiter nach Norden geht, muss ich noch ein paar Einkäufe erledigen: Nudeln, Reis und Milchpulver für die Trekkingtour. Ich wundere mich jedes Jahr wieder, dass man die praktischen Schnellkochnudeln und den ebenso praktischen gefriergetrockneten Schnellkochreis in Deutschland nirgendwo kaufen kann. Gerade der Reis ist von Uncle Ben’s – da sollte man doch meinen, dass die Produkte international die gleichen sind: Aber keine Chance, in Deutschland gibt’s den Reis einfach nicht.
Ich besuche noch das Fram-Museum und bewundere das Schiff, mit dem Fritjof Nansen sich durchs Polareis treiben ließ und Roald Amundsen in die Antarktis gefahren ist. Für das benachbarte Kon-Tiki-Museum bleibt keine Zeit mehr und, um denCache am Museum zu heben, ist es deutlich zu muggelig hier. Ich muss wieder zum Bahnhof: Mit dem Nachmittagszug geht es nach Trondheim, dann gleich mit dem Schlafwagen weiter nach Bodø am Polarkreis.
Dienstag, 02.07.2013 – Sauwetter in Bodø I; ein schlechtes Omen?
Sauwetter in Bodø. Noch habe ich Hoffnung, die norwegische Presse vermeldet, dass der Juni in Nordnorwegen der wärmste und sonnigste seit Jahren war. Heute ist davon aber nichts zu spüren; es schifft und schifft und schifft. Noch ahne ich nicht, dass der Juli das genaue Gegenteil des Vormonats werden wird: Doppelt so viel Regen wie in einem durchschnittlichen Juli wird der Wetterdienst später zu berichten haben – aber damit greife ich vor. Erst einmal finde ich einen PC mit Internetzugang bei der Touri-Info und dort sagt die Vorhersage, dass die nächsten zwei Tage sonnig werden sollen, ab Freitag ist dann Dauerregen angekündigt. Ich rede mir ein, dass Langzeit-Wettervorhersagen immer unzuverlässig sind und freue mich erst einmal auf zwei schöne Tage auf der Insel Værøy. Trotz des Regens suche ich meinen ersten Cache der Reise: GC2Z5C2 – einen Micro im Park.
Værøy
Værøy gehört zur Inselgruppe Lofoten, liegt aber etwas abseits südlich der größeren Inseln und damit abseits der Haupt-Touri-Routen. Die Insel bietet eine imposante Felskulisse, ist aber weniger steil als die Lofoten-Hauptinseln. Es gibt zwei schöne Strecken für Tageswanderungen und beide sind hinreichend bedost, um das Einwandern vor der großen Tour mit schwerem Gepäck mit dem Geocachen zu verbinden. Hier habe ich mir für zwei Nächte ein Zimmer in einer gemütlichen Pension reserviert. Nach etwa dreistündiger Fährüberfahrt habe ich Glück: Am Anleger auf Værøy finde ich einen Wanderer, mit dem ich mir ein Taxi zur Nordseite der Insel teilen kann; ÖPNV gibt es hier anders als auf den größeren Lofoteninseln nicht.
Mittwoch, 03.07.2013 – Måstad: Beinahe ein Lost-Place
Der Wetterbericht hat Recht behalten, heute herrscht strahlender Sonnenschein. Ich mache mich auf zu einer ersten Wandertour nach Måstad. In der Nähe der großen Seevogelkolonien auf Værøy lebten die Menschen in dem abgelegenen Ort nicht nur von der Fischerei, sondern auch von der Jagd auf Seevögel, vor allem Papageitaucher. Hier war die Heimat einer endemischen Hunderasse, des Lundehundes, der speziell für die Vogeljagd gezüchtet worden war. Der Ort Måstad verfügt über keine Straßenanbindung. Mit dem Aufkommen größerer Fischerboote wurde es unmöglich, Måstad anzulaufen, so dass die Fischrei unrentabel wurde. Hinzu kam das Verbot der Jagd auf Seevögel.
Der Ort wurde 1974 endgültig aufgegeben. Die meisten Häuser wurden demontiert, die wenigen verbleibenden Gebäude dienen heute als Ferienhäuser.
Weg nach Nordlandshagen
Ich folge zunächst der Straße zum ehemaligen Flughafen Værøy, der nach einem schweren Flugunglück auf Grund der unberechenbaren Windverhältnisse auf Værøy geschlossen wurde. Eine bessere Stelle für einen Flughafen gab es auf der Insel nicht: Heute verfügt Værøy über die einzige Hubschrauber-Linienverbindung Norwegens. Das ehemalige Flughafengebäude nutzt eine lokale Schokoladenmanufaktur.
Nordlandshagen
Hinter den Flughafen wird die Straße zum Schotterweg, der an einem kleinen Sandstrand endet. Hier gibt es sogar ein Clo-Häuschen – zum Baden lädt das Nordmeer trotzdem wenig ein. Die Aussicht auf die unbewohnte Insel Mosken und Moskenesøya, die südlichste der „großen“ Lofoteninseln, ist traumhaft. Zwischen Moskenes und Moskenesøya erahnt man den Moskenesstraumen, den großen Gezeitenstrom, den schon Jules Verne als gefährlichen Strudel beschrieben hat. Ich lege hier eine kleine Pause ein und finde meinen ersten Cache auf Værøy, GC27Z9R.
Der Pfad nach Måstad
Während dieser Cache T 1,5 war, geht es jetzt in anspruchsvolleres Terrain. Die nächste Dose liegt kurz vor Måstad und ist als T 4 ausgewiesen. Das erscheint mir zwar etwas übertreiben, aber ganz ohne ist der Pfad wahrlich nicht. Es geht rutschige Steilhänge entlang und über Blockfelder. Ich komme deutlich langsamer voran, als ich gedacht hatte. Dann stoße ich kurz vor Måstad plötzlich auf Reste eines angelegten Weges. Hier hatte man versucht, einen pferdetauglichen Weg anzulegen, das Projekt dann aber nie weitergeführt.
Måstad in Sicht
Schließlich erreiche ich die Cachekoordinaten und finde nach kurzer Suche auch die Dose, GCVEWD. Obwohl es später als geplant ist, gehe ich weiter in den Ort. Ich brauche dringend Trinkwasser und weiß, dass es hier noch einen funktionierenden Brunnen gibt. Der Ausblick ist wunderschön, trotzdem mache ich mir etwas Sorgen, dass noch gut drei Stunden Rückweg vor mir liegen. Zum Glück ist es ja hier oben auch nachts noch hell.
Blick von Måstad
Doch dann habe ich Glück. Am Horizont sehe ich, wie sich ein Boot nähert. Tatsächlich kommen aus einem der Häuser Leute, die hier etwas repariert haben. Ich frage, ob ich mitfahren darf und trampe das erste Mal in meinem Leben auf einem Boot. Zwar muss ich die 5 km vom Hafen zur Pension trotzdem noch laufen, aber 5 km Straße sind mir jetzt deutlich lieber als der anspruchsvolle Pfad. Værøy ist toll, das hat mir die Tour gezeigt. Ich hatte ursprünglich geplant, morgen nach Røst weiterzufahren und der südlichsten Lofoteninsel noch einen Besuch abzustatten. Aber jetzt beschließe ich, lieber Værøy noch weiter zu erkunden und buche eine zusätzliche Nacht in der Pension.
Donnerstag, 04.07.2013 – Værøy von oben, zwei Dosen und ein Earthcache
Neben der Tour nach Måstad gibt es auf Værøy eigentlich nur eine sinnvolle Option für eine Tagestour: Rauf auf die Berge und die Insel von oben bewundern. Von Norden sind die Berge allerdings ziemlich steil und unwegsam; zwar kennt die Landkarte einen Pfad von Nordlandshagen aufs Hornet, der Owner des Caches auf diesem Berg empfiehlt aber ausdrücklich den Zugang von Süden. Ich hatte gestern glücklicherweise die Möglichkeit, mir den Pfad von unten anzusehen und teile die Einschätzung: steil und gefährlich.
Sørland
Also heißt es, zunächst nach Sørland zu kommen, so heißt der Hauptort von Værøy mit dem Hafen. Ich habe wenig Lust, wieder die 5 km Straße zu laufen und versuche zu trampen. Das erste Auto hält und bringt mich direkt zum Beginn des Wanderweges – danke an den supernetten Autofahrer. Auf Værøy gibt es eine NATO-Radarstation, und dorthin führt ein asphaltierter Weg den Berg hinauf. Der geht allerdings durch einen langen dunklen Tunnel und ist durch zahlreiche Serpentinen ungleich länger als der Wanderpfad zum Hornet, der norwegisch steil ohne viel Aufhebens den Berg auf direktem Wege in Angriff nimmt. Ein paar Mal kreuze ich den Asphaltweg, dann stehe ich auf dem Hornet und blicke hinunter auf Nordlandshagen und den Pfad nach Måstad.
Værøy Hornet
Bevor es weitergeht, heißt es hier noch, GCKZJZ zu heben. Die Dose ist rasch gefunden und ich mache mich auf den Weg zur Radarstation. Während der Pfad durch steiles Gelänge führt, liegt unter mir der Asphaltweg, den ich im Auge behalte, um eine Stelle zu finden, an der ich auf dem Rückweg das Foto für einen Earthcache machen muss.
Radarstation Værøy
Von der Radarstation steige ich querfeldein zur Kamheia ab, einem Hochplateau, von dem man eine wunderbare Aussicht auf Måstad hat. Hier mache ich Pause und genieße den Ausblick. Den Cache GCVD4D muss ich eine ganze Weile suchen, finde ihn aber schließlich doch. Witzig: Gestern habe ich am „Badestrand“ in Nordlandshagen eine Info-Landkarte gesehen, auf der die älteren Geocaches auf Værøy eingezeichnet waren; ohne jede Erklärung, Geocaching scheint hier so bekannt zu sein, dass man davon ausgeht, dass TouristInnen verstehen, was das sein soll. Der Nordlandshagen-Cache, Måstad, Værøy Hornet, Kamheia und der Earthcache sind eingezeichnet.
Blick auf Måstad
Ich mache mich auf den Weg in Richtung „NATO-Veien“, um das Foto für den Earthcache zu schießen. Um meine Knie zu schonen, beschließe ich, bergab dem Asphaltweg zu folgen und wechsele erst kurz vor dem Tunnel wieder auf den steilen Stieg. Das Foto für GC1QD7J ist schnell gemacht – ich bemerke erst später beim loggen, dass der Earthcache ein Jubiläum ist. Auf Værøy habe ich die 1000 vollgemacht; OC-onlys und Terracaches selbstverständlich mitgerechnet.
Værøy – la belle: Mein Jubiläumscache
Ich laufe die Straße entlang nach Sørland uns stelle fest, dass sich der Weg in den Ort ganz schön zieht. Innerlich danke ich noch einmal dem Aurofahrer, der mich am Morgen direkt zum Beginn des Wanderpfades gebracht hat. In Sørland finde ich einen offenen Laden, tätige noch einige Einkäufe und versuche dann, die 5 km zu meiner Pension wieder zu trampen. Diesmal habe ich Pech: Weit und breit kein Auto in Sicht. Die ersten 2 km laufe ich, dann kommt doch ein Wagen vorbei, der mich den Rest der Strecke mitnimmt. Etwas besorgt schaue ich in die Wolken: Auch diesmal scheint der Wetterbericht Recht zu behalten, ich glaube nicht, dass das gute Wetter hält.
Freitag, 05.07.2013 - Sauwetter in Bodø II; ein schlechtes Omen?
Am nächsten Morgen regnet es wieder. Ich bin froh, dass ich heute vor allem auf der Fähre sitzen werde. Da die Fähre diesmal zunächst nach Røst fährt, bevor sie Bodø ansteuert, dauert die Überfahrt 5,5 Stunden. Immerhin ist es anders als auf der Hinfahrt nicht windig: Über Seekrankheit muss ich mir keine Gedanken machen.
Am Fähranleger
Ich nehme mir ein Taxi zum Fähranleger, dort habe ich dann noch genügend Zeit, um GC43JMQ zu suchen und zu loggen. Eigentlich mag ich keine Nanos, aber dieser ist einfach zu finden und ob des garstigen Wetters hocken die Muggles, die auf die Fähre warten, alle im Warteraum. Auf der Fähre döse ich vor mir hin; ein kurzer Blick auf das flache Røst gibt mir recht, dass es eine gute Idee war, auf Værøy zu bleiben.
Røst
In Bodø befreie ich meine Lebensmittel für die Trekkintour im Padjelanta aus einem Schließfach am Bahnhof, esse eine Pizza. Erledige ein paar Einkäufe und verziehe mich dann an den PC in der Touri-Info, um meine Finds von Værøy zu loggen und einen aktuellen Wetterbericht zu bekommen.
Vierzehn Tage Dauerregen – nein, www.yr.no ist heute nicht mein bester Freund. Wie kann sich eine Webseite auch so nennen. Normalerweise versucht man doch, etwas Positives zu vermitteln. Aber „yr“ - das Wort kann man gar nicht ins Deutsche übersetzen; „yr“ ist einfach nur ekelhaft, ein Wetter, das man wirklich nicht haben will. Wenn man mitten in einer Schönwetterwolke steht, dann ist das Nebel, wenn man mitten in einer heftigen Regenwolke steht, dann ist das „yr“: Es regnet nicht von oben, aber die kleinen Tröpfchen sind überall. Nach norwegischen Studien wird man schneller völlig nass, als bei „richtigem“ Regen. Warum sich die – übrigens in der Regel hervorragende – Seite des norwegischen Wetterdienstes nach so einem Ekelwetter benennt, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. www.yr.no wird jedenfalls mal wieder Recht behalten und ich werde mich zu Genüge am feuchten Namensgeber erfreuen können.
Um 17.15 Uhr nehme ich den Bus nach Fauske. Ich bin etwas besorgt, da ich dort einen Bus mit sehr knapper Umsteigezeit erwischen muss – der Busfahrer kann mich aber beruhigen. Es ist der gleiche Bus, der nur die Nummer wechselt. Er weiß auch sofort, wo der Abzweig zum Rago-Nationalpark ist. Zwei Stunden später stehe ich an der E6 zwischen zwei Tunneln. Ein kleines Sträßchen geht hier von der Hauptstraße ab, Lakshol und Rago steht auf dem Wegweiser. Die letzte Unsicherheit des Tages: In einem Reiseführer habe ich gefunden, dass es an der Straße nach Lakshol einen Campingplatz geben soll; in der allwissenden Müllhalde ist er aber nicht zu finden gewesen. Doch die Müllhalde erweist sich als nicht immer allwissend: Nach 2km Fußmarsch erreiche ich Øyra-Camping und kann dort mein Zelt aufbauen.
Mein Fazit für die ersten Tage der Reise: Værøy ist eine tolle Insel, auch für GeocacherInnen. Die Caches liegen an sehenswerten Plätzen und laden genau zu den Touren ein, auf denen man die Insel als BesucherIn erkunden sollte.
Fortsetzung folgt.